Führungsarbeit im Amateurbereich
21.09.2018 20:22Am 20. September 2018 spielte F91 Düdelingen als erster Luxemburger Fußballverein überhaupt in der Gruppenphase der Europa League. Vorab gab es ein Interview mit dessen Trainer Dino Topmöller, in welchem er diese wundersame Überraschung erklären sollte. Er stellt jenseits von Wunderdingen dar, dass dieser Erfolg Ergebnis harter Arbeit sei und betont, welche konkrete Maßnahmen hierfür Grundlage wären; in der Luxemburgischen Liga Spitzenreiter zu sein, sei bis dato nicht mehr außergewöhnlich. Darauf fußend schlug er Wege der Trainings- und Führungsarbeit ein, die das schier unerreichbare ermöglichten: ein Heimspiel in der Europa League gegen ein europaisches Schwergewicht namens AC Mailand, welches übrigens nur knapp mit 0:1 verloren ging.
Folgende Aussagen hinsichtlich der Führungsarbeit im Amateurbereich (die Düdelinger Spieler gehen jenseits des Fußballs allesamt anderen Jobs nach und erscheinen deretwegen teilweise zu spät zum Training) ließen mich als Leiter von Ensembles im Amateurwesen aufhorchen, ist man doch gemeinhin stets bestrebt, sich an der professionellen Ebene zu oritentieren und gilt für viele im Amateurwesen die Maxime: "im Profi-Bereich machen sie es genauso, das gilt also":
"Bei uns geht es auch mal semi-professionell zu. Wenn wir alles strikt wie im Profifußball gemacht hätten, wären wir längst weg vom Fenster. Man muss auf die einzelnen Jungs und die Umstände eingehen. Manche kommen auch wegen der Arbeit etwas später zum Training. Man darf da niemanden an den Pranger stellen und muss auch mal Rücksicht nehmen, sonst funktioniert es nicht."
Als eigentliches Erfolgrezept als Trainer nennt Dino Topmöller anstelle der konkreten Trainingsmethoden oder der Beherrschung diverser Spielsysteme eine eine ordentliche Sozialkompetenz (er zitiert in diesem Zusammenhang Mehmet Scholl, der da sagte: "Sie kriegen nicht die richtigen Hinweise, warum ein Pass nicht gelingt, warum ein Dribbling nicht gelingt, warum der Zweikampf verloren wurde. Stattdessen können sie 18 Systeme, rückwärtslaufen und furzen."). Heder seiner Spieler solle stets wissen, woran er ist, ob er vielleicht ein wenig mehr Gas geben müsse oder aber, dass seine Zeit bald komme:
"Man muss einfach korrekt mit ihnen umgehen. Wenn dann die menschliche Komponente passt, kann man fast jeden Profi in eine gewisse Richtung bringen."
Trainingsmehtoden dagegen vom Laptop abzulesen, "schwierien" Typen (sind sie "schwierig" oder interessant, gewünscht?!) deren "vermeintlichen" charakterlischen Schwächen vorzuhalten und dem unbedingten Erfolg blind alles unterzuordnen, was nun mal im Leben der (Amateur-) Spieler*innen / Musiker*innen eine große Rolle spielt, kann dagegen schnell zu Kälte, Frust und Misserfolg führen. Im Amateurbereich darf und kann nicht alles wie im Profi-Bereich laufen; bietet dieser selbstverständlich interessante und hilfreiche Orientierungspunkte, besonders hinsichtlich der individuellen Verbesserung des/der einzelnen Musikers*in sowie eines gesamten Ensembles, so müssen die Besonderheiten im Amateurbereich unbedingt beachtet, ja vielmehr gewürdigt werden: Allem voran steht die Freiwilligkeit - hier versammeln sich Musizierende freiwillig, was wiederum zwei Seiten beinhaltet: einerseits eine hohe Eigenmotivation, sonst würden sie kaum auf Dauer ihre Freizeit dafür aufwenden. Andererseits gilt es, dies als (professionelle) Führungsperson zu respektieren und zu würdigen. Dies impliziert, nicht wie mit Scheuklappen seine eigenen Ziele und Vorstellungen durchsetzen zu wollen, sondern im angemessenen Maße ein Auge dafür aufbringen, was sich "links und rechts" der Musiker*innen, die ja alle auch Menschen sind, abspielt.
"Es gibt aber auch gewisse Regeln.", schließt Dino Topmöller mit einer für Erfolg und gutes Miteinander immer gültigen Selbstverständlichkeit. Für ein Ensemble sollten auch diese klar definiert und vor allem deligiert sein: eine Führungsperson allein kann und darf dies nicht allein leisten, zumal, wenn sie als musikalische Leitung fungiert. Hier sollte beispielsweise an die Registerführer*innen Verantwortung in musikalischer und organisatorischer Hinsicht abgegeben werden. Dass jene dieser Verantwortung gerecht werden, dessen vergewissert sich dann wiederum eine fähige Führungskraft.
Es ist und bleibt indes ein spannendes Themenfeld, als professionelle Führungsperson im Amateurbereich wirklich wirksam tätig zu sein. Wünschen wir nicht zuletzt den Düdelingern viel Erfolg in der Europa League!
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